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14. Nov. 2021: Die Randständigkeit von Religion

Veröffentlicht vor mehr als 2 Jahren, 17. Nov. 2021

Am Donnerstag, den 04.11., haben wir im Gottesdienst in Röschenz Allerseelen nachgefeiert – mit 16 Personen. Vor 20 Jahren waren es über 50. Einige der treuen Besucherinnen hatten denselben Gedanken wie ich: Sie «müssen» fast schon zur Messe kommen, sonst würde der Pfarrer allein dastehen. Dieses Mitgefühl berührt mich zwar, dennoch bleibt ein etwas bitterer Nachgeschmack. Wie wird es wohl in 10 oder 20 Jahren ausschauen?! Die Kirchenferne im öffentlichen Leben ist geradezu jenseitig. Auch wenn es gewisse politische Kreise nicht hören wollen, aber unser Staat, unsere Gesellschaft, wie auch unsere Rechtsprechung gründen zu einem wesentlichen Teil auf christlichen Werten.

Der Theologe Arnd Bünker schreibt im Pfarrblatt, (46-47/2021): «Das Gottesdienstprogramm bei SRF ist zum Sterben zu viel und zum Leben zu wenig. Hier zeige sich die Randständigkeit von Religion in den öffentlichen Medien.»

Diese Randständigkeit zeigt sich auch in den Schulen. Am 1. Advent werde ich eine Geschichte erzählen. Sie beginnt damit, dass die Lehrerin am letzten Schultag vor den Weihnachtsferien den Kindern eine Weihnachtsgeschichte vorliest. Wo geschieht das heute noch? Heute ist man vielmehr bemüht, alles Religiöse von den Kindern möglichst fernzuhalten. Man muss geradezu Glück haben, wenn man noch eine Lehrerin oder Kindergärtnerin findet, die überhaupt noch irgendeinen Bezug zur christlichen Tradition hat. Mittlerweile ist das fast schon verpönt.

Der Religionsunterricht wird derart an den Rand gedrängt, dass er geradezu rausfällt. Wenn überhaupt, findet er zu unmöglichen Zeiten statt. Die Kinder sind dann meist schon ziemlich abgekämpft. Für den Staat, für die Schulen, für unsere Gesellschaft und offenbar auch für die meisten unserer Familien ist sowohl Religion als auch der Religionsunterricht bestenfalls eine Randerscheinung. Kein Interesse!?

Stimmt das? Haben die jungen Leute kein Interesse an Religion? Nach meiner Erfahrung eindeutig: nein! Nein, es stimmt nicht – ganz im Gegenteil! Kinder sind ausserordentlich religiös, auch die meisten Jugendlichen. Sie beschäftigen sich schon früh mit den zeitlosen und existentiellen Fragen der Menschheit: Wo komme ich her? Warum bin ich hier? Wo gehe ich hin? Warum muss ich sterben? Was passiert im Tod und was kommt danach? Gibt es einen Gott? Gibt es das Nichts? Gibt es noch andere Welten? Diese Fragen beschäftigen die jungen Leute. Die Frage ist nur, wer beschäftigt sich mit den jungen Leuten, und wer geht auf ihre Situation und auf ihre Fragen ein?

Weder die Medien noch die Politik, geschweige denn die Schule und immer weniger Eltern tun das. Die Kinder, die zur Erstkommunion gehen, die meisten Jugendlichen, die sich firmen lassen, können mit Religion offensichtlich mehr anfangen als ihre Eltern. Für immer mehr Eltern ist die Feier der Erstkommunion nur noch ein «Event».

Vielleicht sollten wir zu einer «Event-Kirche» werden und es so machen wie die Ex-CVP: das «C» herausnehmen?