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Angst (25. Februar 2024)

Veröffentlicht vor einem Monat, 29. Feb. 2024

“Was den Menschen ausmacht, war sein Ehrgeiz, das unausgesetzte Streben, die Unfähigkeit, stillzusitzen. Eine Folge der Angst, die mit ihm in die Welt gekommen war, er hatte die Angst in die Welt gebracht, sie war seine Erfindung, sein Beitrag zur Naturgeschichte, und er liess niemals nach in seinem Ehrgeiz, sie in die hinterste Ecke zu bringen.“ (Lukas Bärfuss, Koala)

Weg, weg, nichts wie weg mit der Angst und dem Tod, möglichst in die hinterste Ecke. Davonlaufen. In der Mittagspause eiligst in die Jogging-Klamotten schlüpfen, und dann wird gerannt, für die Gesundheit und gegen den Tod. Kurz geduscht, schnell einen Müsli-Riegel und Bio-Salat bewusst und gut gekaut verzehren und ein stilles biologisches Wasser trinken, das bei Vollmond nicht einfach nur abgefüllt, sondern “geschöpft“ wurde, und anschliessend zügig wieder ins Büro hasten. Wer ein solch gesundes Leben führt, joggt sicher noch mit 100, oder? Eher unwahrscheinlich. Selbst Spitzensportler werden keineswegs älter als ein Normalsterblicher, der normal isst und trinkt, sich ausreichend bewegt und vor allem zufrieden ist.

Natürlich begeistert der Schweizer Sonnyboy des Schisports, Marco Odermatt, die Massen, wenn er die Pisten herunterrast und fast immer auf dem Podest thront: “geil, super, irre, unglaublich …“! Mehr “Leben“ geht gar nicht, könnte man meinen. So jung, so gesund, so fit, so fröhlich, so überschäumend von Energie! Man mags ihm gönnen, heute, vermutlich auch morgen, vielleicht noch 10 Jahre, vielleicht auch 11 oder 12, vielleicht aber auch nur 2 oder 5 Jahre?!

Nichts bleibt, wie es ist! Daran erinnert das Aschenkreuz am Aschermittwoch und die Fastenzeit. Aber davon wollen die meisten nichts wissen. Nicht nur die millionenschweren Fussballstars, die Ski-Asse und Tennis-Grössen. Wir Menschen sind Meister im Verdrängen. Das gelingt am besten und am häufigsten durch die Kinder. Zirka 20 Jahre benötigen sie durchschnittlich mehr als die Hälfte der Energie ihrer Eltern. Irgendwann sind die Kinder flügge. Gott sei Dank gibt’s meistens bald ein paar Enkel, welche die Grosseltern beschäftigen und ablenken. Trotzdem sind die Omis und Opis froh, wenn die lieben Kleinen wieder nach Hause gehen und sie nicht die ganze Zeit über die Grosseltern beglücken, denn diese spüren mittlerweile das Alter, und nicht nur das. Sie spüren, dass ihnen der Tod näher und näher kommt. Die Sache mit dem Verdrängen funktioniert immer weniger.

Dieses “Wissen“, schreibt Bärfuss, um das eigene Ende, “versetzt den Menschen in Schrecken, und er wird diesen Schrecken niemals beherrschen“. Gott ist zwar für viele tot, aber die Angst lebt weiter. Nun ist es ja nicht so, dass diejenigen, für die Gott nicht tot ist, automatisch keine Angst vor dem Tod hätten. Wie ist das mit Ihnen?

Meine Erfahrung: Die allermeisten Menschen haben Angst vor dem Tod, aus durchaus unterschiedlichen Gründen. Und doch gibt es einige, die keine Angst davor haben, zumindest habe ich es so erlebt. Das ist eine besondere Gnade und ein grosses Geschenk, nicht nur für jene, die gehen, sondern gerade auch für jene, die einen solchen Menschen dabei begleiten.

Ich habe Sie gefragt, wie das bei Ihnen ist. Ich kann Ihnen sagen, wie es sich bei mir verhält. Zunächst einmal habe ich einen Riesen-Respekt vor dem Tod. Angst habe ich insofern, dass es nicht besser, sondern schlimmer kommen könnte, als es hier eh schon ist. Das ist meine Angst einerseits, und meine Hoffnung andererseits, dass es hoffentlich, hoffentlich nicht so ist. Lieber in Frieden ruhen und nichts mehr mitkriegen als nochmals Unfrieden, Hass, Schmerz, Gewalt und Krankheit erleben zu müssen. So sieht es z.B. meine Mutter, im Unterschied zu meinem Vater, der auch im Angesicht des Todes eine Frohnatur bleibt. Ich bin da ganz der Sohn meiner Mutter.

Das mögen für einige düstere Gedanken sein, aber ehrlich, sind Ihnen diese Gedanken nicht auch bekannt, vielleicht sogar vertraut? Sie tauchen auf, fast bei jedem, früher oder später. Aber eben, wir wollen sie nicht! Wir verscheuchen sie wenn irgend möglich in die hinterste Ecke, und darüber sprechen tut kaum jemand. Aber im Stillen hofft wohl jeder, dass es am Ende gut ist.

Pfr. Franz Sabo