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Asche (01. März 2020)

Veröffentlicht vor mehr als 4 Jahren, 03. Mrz. 2020

Wenn wir die Gedanken anderer lesen und in die Herzen anderer hineinschauen könnten, welche Gedanken würden wir lesen, welche Gefühle würden wir wahrnehmen bei all jenen Menschen, die an einem Grab stehen und auf die Urne blicken. Was geht den Leuten durch Kopf und Herz? Da drin ist jetzt der Mensch, den wir gekannt haben, bzw. das, was von ihm noch übrig ist – zumindest materiell. Es fühlt sich wohl eher unangenehm an, und es hat vielleicht auch etwas Makabres, neben all der Trauer und dem Schmerz. Ist dies das Ende?

Am Aschermittwoch wurde das Aschenkreuz verteilt. Asche – das ist fast schon nichts! Am Schluss sind wir kaum mehr als eine Handvoll Asche, eben – fast nichts! Und wenn wir die Hand öffnen, ist nicht einmal mehr die Asche da. Der Wind weht sie fort in alle Richtungen. Wir finden nicht einmal mehr ein Körnchen. Nicht einmal ein Körnchen bleibt von uns. Das kann einem schon zusetzen und erschüttern. Dafür leben wir, damit uns am Ende der Wind gleichsam verbläst oder die Würmer fressen?

Das ist die eine Seite. Und natürlich muss und möchte ich als Pfarrer auch auf die andere Seite hinweisen. Einerseits scheinen wir in das Nichts zu entschwinden, andererseits ist aber genau aus diesem «Nichts» – oder besser gesagt: «Fast-Nichts», alles Leben entstanden. Aus so kleinen Bausteinen, die man selbst unter den besten Mikroskopen kaum und mit dem bloßen Auge schon gar nicht sehen kann. Was für ein unfassbares Wunder muss da drin- bzw.  dahinterstecken? Egal, wie wir es nennen, ob Gott oder Natur oder sonst etwas, es ist Leben! Und zu diesem unserem Leben gehört eben auch, dass es unsere Vorstellungskraft sprengt, bzw. überfordert. Die einzelnen Bausteine des Lebens sind so klein, dass wir sie nicht sehen können, aber zusammen bilden sie Universen.

Ich erinnere mich dann immer wieder an die Fernsehserie Raumschiff Enterprise: Der Weltraum: unendliche Weiten, unendliche Welten, unendlich Platz für unendlich viel Leben in unendlich vielen Variationen.

Wir lassen unsere Asche einfach zurück und entschwinden dorthin.

Glauben Sie es nicht? Macht nichts – Sie haben ja noch ein wenig Zeit …