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Christi Himmelfahrt (9. Mai 2024)

Veröffentlicht vor 8 Monaten, 10. Mai. 2024

Das Kirchenlied, «Wir sind nur Gast auf Erden», trifft den Nagel sozusagen auf den Kopf, bereits in der ersten Strophe: “Wir sind nur Gast auf Erden und wandern ohne Ruh mit mancherlei Beschwerden der ewigen Heimat zu.“

Ein Gast kommt von irgendwoher, bleibt eine Weile, und geht dann wieder – in der Regel in sein Zuhause. Für uns ist das “Bleibt eine Weile“ entscheidend, denn woher wir genau kommen, ist bis heute unklar, genauso wie das “Wohin wir gehen“. So versuchen wir, unsere Zeit als Gast auf Erden mehr recht als schlecht zu verbringen, was keineswegs allen gelingt.

Das Schöne an meinem Beruf ist, dass ich es mit den verschiedensten Menschen zu tun habe, und zwar von der Geburt bis zum Tod. In dieser Zeitspanne gilt gemeinhin die Pubertät als schwierigste Phase. Und ich meine, da ist schon viel dran. Pubertät kann man mit “Erwachen“ übersetzen. Mit dem körperlichen Erwachen, erwachen auch ganz neue Gefühle, und auch dem Geist und der Seele eröffnen sich bis anhin nahezu unbekannte Welten. Da stürmt sehr viel auf den jungen Menschen ein, und das macht ihn unsicher. Er zieht sich zurück in seine Welt, wird zuweilen bockig und maulig und das Küsschen von der Mami vermeidet der junge Mann nach Möglichkeit. Das Thema Tod und Zukunft ist jedoch für viele Jugendliche in diesem Lebensabschnitt wichtiger als viele denken mögen.

“Was könnte, was sollte man mit all der Zeit anfangen, die vor einem liegt, offen und ungeformt, federleicht in ihrer Freiheit und bleischwer in ihrer Ungewissheit“, schreibt der Schweizer Schriftsteller Pascal Mercier, alias Peter Bieri.

Ein halbes Jahrhundert später sieht die Sache schon anders aus. Mercier hat diesen für mich wuchtigen und zugleich wunderbaren Satz geprägt: “Wenn es so ist, dass wir nur einen kleinen Teil von dem leben können, was in uns ist, was geschieht dann mit dem Rest?“

Und vielleicht hat sich ja auch schon so mancher und so manche von Ihnen gefragt: wieviel von dem, was wir leben könnten, leben sollten, leben wollten, leben wir? Das gilt für mich allein, wie auch für meine Beziehungen. Wir schöpfen an Leben bei weitem das nicht aus, was es hergibt. Schon allein deswegen glaube ich, dass es dafür noch Raum und Zeit geben wird …

Pfr. Franz Sabo