«Die Gedanken sind frei, wer kann sie erraten?» Manchmal können wir es, so wie Jesus bei den Pharisäern. Meistens können wir es nicht. «Sie fliehen vorbei, wie nächtliche Schatten.» Ja, aber wo kommen sie her? Manchmal könnten sie vom Hl. Geist stammen (so entstehen die meisten meiner Predigten) – aber keineswegs immer! Plötzlich sind sie da – oft ungerufen. Sie nehmen sich die Freiheit. So frei sind wir nicht. Wir können nicht entscheiden, welche Gedanken wir haben wollen und welche nicht. Ich bemühe wieder einmal Schopenhauer: «Der Mensch kann zwar tun, was er will, aber er kann nicht wollen, was er will.»
Wir haben eine gewisse Freiheit, die darin besteht, wie wir mit unseren Gedanken umgehen, ob wir sie zum Beispiel aussprechen oder nicht! Stellen Sie sich vor, wenn wir alles sagen würden, was wir denken! Die Gerichte wären überlastet, die Gefängnisse überfüllt, in einigen Ländern müssen jene Menschen, die ihre Gedanken aussprechen oder veröffentlichen, dafür mit ihrem Leben bezahlen. Den Job kann es den Betroffenen auch bei uns kosten – wie in meinem Fall, damals, nach teils heftiger Kritik an Kirche, Bischof und Generalvikar. Nur aufgrund des grossen Einsatzes der Gemeinde konnte ich meinen Beruf weiter ausüben.
«Ich denke, was ich will, und was mich beglücket, doch alles in der Still, und wie es sich schicket.» Mit der «Still» habe ich es nicht immer gehalten, mit dem «wie es sich schicket» auch nicht, und beglücken tun mich meine Gedanken auch nur zum Teil.
Es stimmt schon, manchmal juckt es mich, zu provozieren. Nicht um zu verletzen, sondern um aufzurütteln, in der Hoffnung, bei dem einen oder der anderen vielleicht doch den Blickwinkel etwas verändern und den Horizont ein bisschen erweitern zu können. Heute, an Pfingsten, dem Fest des Heiligen Geistes, wage ich es wieder einmal, einige Gedanken auszusprechen, die sich nicht unbedingt «schicken».
Ich beginne mit der in meinen Augen extrem einseitigen Berichterstattung über den Ukraine-Krieg. Geradezu unerträglich erscheinen mir die tagtäglich im Fernsehen gestellten Forderungen des ukrainischen Präsidenten nach mehr und mehr Waffen. Noch mehr Krieg, noch länger Krieg, noch mehr Elend und Zerstörung, noch mehr Tote und Verletzte, noch mehr Hass. Das Gefährliche an diesem Gedanken, den ich jetzt ausgesprochen habe, ist das, was einige hineininterpretieren, nämlich dass ich für Putin sei! Das ist völliger Quatsch! Allerdings schaue ich nicht nur in eine Richtung! Ich bin für einen raschen Frieden und für Kompromisslösungen. Ich bin dafür, versöhnlichere Worte zu finden und den Krieg nicht noch weiter anzuheizen und in die Länge zu ziehen. An diesem Krieg ist nicht nur eine Seite schuld! Putin mag als Kriegsverbrecher gelten, trotzdem muss man gerade in dieser Situation realistisch sein. Niemand wird Putin, geschweige denn Russland, in die Knie zwingen – es sei denn mit Atomwaffen. Dann jedoch gehen auch wir nicht nur in die Knie, sondern ganz Europa würde in den Abgrund stürzen. Wer will das? Früher oder später muss man Putin entgegenkommen, und das wird auch geschehen. Immerhin schaffte es eine kritische Stimme, nämlich die des Politikwissenschaftler Johannes Varwick am 2.6.2022 zu Maybrit Illner ins ZDF. Varwick plädierte für eine Verhandlungslösung statt für Waffenlieferungen. «Ein aussichtsloser Kampf macht keinen Sinn.»
Ich erinnere an den Krieg in Afghanistan, der 20 Jahre dauerte (2001-2021). 40 westliche Länder waren dort mit ca. 45’000 Soldaten beteiligt, und das mit modernsten Waffen! Dieser Konflikt kostete etwa 200’000 Menschen das Leben und ungefähr 2 Billionen Dollar. Am Ende nahm der Westen Reissaus. Bärtige Gotteskrieger mit einer Steinzeit-Ideologie, liefen barfuss bei Minustemperaturen und in Badeschlappen über den Hindukusch und zwangen Atom-, Gross- und Weltmächte in die Knie. Jene überliessen sogar einen erheblichen Teil ihrer Waffen den Taliban. Und jene Westmächte – allen voran die USA – welche in den letzten Jahrzehnten eine Pleite nach der anderen eingefahren, und eine gewaltige Blutspur hinterlassen haben, von Vietnam über den Irak bis zu Afghanistan, jene Westmächte also wollen nun das grösste und eines der mächtigsten Länder der Erde aus der Ukraine vertreiben? Schon mal was von Realitätsverlust gehört?
«Die Gedanken sind frei», auch jene über die Corona-Massnahmen. Die Maskenpflicht an Schulen, in Kirchen, Geschäften und Restaurants empfand ich als massive, vom Staat mitgelenkte Volksverdummung. Macht die Augen auf und schaut nach China! Die Leute laufen Tag und Nacht mit Maske herum – vor, während und nach Corona. Das stört das Virus nicht. Es breitet sich aus. Millionen werden daheim eingesperrt und ein radikaler Lockdown wird in Metropolen wie Shanghai verhängt. Es gibt sogar Tote – nicht wegen Corona, sondern weil Leute zuhause verhungern. Die Maskenpflicht hilft wenig. Sie richtet mehr Schaden an, als dass sie Schaden verhindert, besonders bei Kindern, Jugendlichen und alten Menschen. Was wirklich geholfen hat, war nicht das Tragen einer Maske, sondern das Impfen. Nur – der chinesische Impfstoff ist Mist, er taugt nichts, bloss will die Regierung das nicht zugeben!
In Deutschland würde ich mir die fähigste Politikerin des Landes als Bundeskanzlerin wünschen: Sarah Wagenknecht. Als Gesundheitsminister wäre Wolfgang Kubicki die beste Wahl. Karl Lauterbach, die Ober-Unke vom Dienst, ist kein Gesundheitsminister, sondern lediglich ein «Corona-Minister». Ihn würde ich in die Wüste oder nach Shanghai schicken.
Ein weiterer Gedanke, der sich für viele nicht «schicket», ausgesprochen zu werden, ist den meisten von Ihnen bekannt: ich wollte nie Kinder haben, und zwar aus dem einfachen Grund, weil für mich die Menschen zu schlecht sind. Ich bin kein Menschenfreund! Es gibt wunderbare Menschen, aber nach meinem Geschmack gibt es viel zu viele vom Gegenteil. Ich will diese Typen und diese Welt keinem Kind zumuten – das tun andere in entfernteren Gefilden schon zur Genüge.
In der Tagesschau von SRF am 25.05.22 nannte Viviane Manz die inzwischen häufigste Todesursache bei Kindern in den USA. Einmal dürfen Sie raten. Die häufigste Todesursache bei Kindern in den USA ist der Tod durch Schusswaffen! Die Kinder werden erschossen! Welch ein grossartiges Land! Im vergangenen Jahr 2021 zählte die US-Bundespolizei FBI 61 Amokläufe mit Schusswaffen. Das seien über 50% mehr als im Jahr 2020. Wenn es nach Donald Trump geht, sollen nun die Schulen verstärkt mit Waffen ausgestattet werden, zunächst die Verwaltung und die Lehrer. Was kommt dann, wenn das nichts nützt? Soll womöglich auch noch jedes Kind eine Waffe erhalten?! Was für eine Welt!
Ich erlebe als Pfarrer, wie intensiv sich Menschen nach Kindern sehnen, wie happy die Eltern sind und wie liebevoll die meisten mit ihren Kindern umgehen. Gerade deshalb frage ich mich, warum die Welt so voller Monster ist! Ja, voller Monster! Damit sind keineswegs nur Putin, Lukaschenko, Hitler, Stalin, «King Kong Un» oder Xi Jinping und wie sie alle heissen gemeint. Vielmehr haben diese Tyrannen Zig-Tausende, ja Hunderttausende von Schergen und Mitläufern in ihrem Schlepptau, dank derer die Diktatoren ihre Tyrannei aufrechterhalten können. Einer der Schlimmsten ist wohl der Patriarch der russisch-orthodoxen Kirche, Kyrill I. Papst Franziskus hat ihm kürzlich zum Namenstag gratuliert. Musste das sein!?
Fehlt noch der Umweltschutz: unsere Bemühungen in allen Ehren, aber sie reichen hinten und vorne nicht, bzw. nicht mehr. Sie sind letztlich für die Katz, weil der Grossteil der Weltbevölkerung gar nicht mitmacht. Alle Massnahmen sind kaum mehr als ein Tropfen auf den heissen Stein. Aber, es heisst doch, «steter Tropfen höhlt den Stein»! Der «Stein» ist schon ausgehöhlt, bzw. so heiss, dass weder ein Tropfen noch ein ganzes Meer helfen. Wir müssten schon zurück in die Steinzeit – auch was die Anzahl der Menschen auf diesem Planeten betrifft. Dann dauert die ganze Chose ein paar Tausend Jahre länger, doch das Ergebnis würde das Gleiche sein. Warum? Weil der Mensch so ist, wie er ist.
So führen mich meine Gedanken unweigerlich zur Frage nach Gott. Sofern es ihn gibt, möchte ich ihn fragen: «Entschuldigung, aber was hast du denn da in die Welt gesetzt? Die «Krone der Schöpfung»? Von wegen! Ein Monster! Was hast du dir dabei gedacht? Welcher Sinn steckt dahinter? Gibt es einen Plan, eine Erklärung? Hättest du es nicht besser machen können?»
O Tiefe des Reichtums, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unergründlich sind seine Entscheidungen, wie unerforschlich seine Wege. Denn wer hat die Gedanken des Herrn erkannt? Oder wer ist sein Ratgeber gewesen? Wer hat ihm etwas gegeben, so dass Gott ihm etwas zurückgeben müsste? Denn aus ihm und durch ihn und auf ihn hin ist die ganze Schöpfung. (Römerbrief, 11,33-36)
Ich weiss nicht, ob Gott überhaupt existiert, und vor allem, ob er so existiert, wie wir ihn uns vorstellen, oder wie wir ihn gerne hätten. Ich weiss es nicht, deshalb kann ich «ihm» auch keine Vorwürfe machen. Was ich aber weiss und spüre ist, dass ich während meines doch schon langen Lebens, geführt und beschützt worden bin, von einer Macht, die nicht von dieser Welt ist, aber in diese Welt wirkt. Man kann diese Macht den «Heiligen Geist» nennen.