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«Gegen den Strom» – 23. Juni 2019

Veröffentlicht vor mehr als 4 Jahren, 26. Jun. 2019

Wenn man eine dezidierte Meinung hat, in der Öffentlichkeit steht, wie z.B. ein Pfarrer oder ein Politiker, und diese Meinung auch öffentlich kundtut, dann muss man mit Widerspruch oder gar Anfeindungen rechnen. Wenn man also bei möglichst Wenigen anecken will, hält man sich besser zurück, oder man schimpft nur bei jenen über die SVP oder die Grünen, bei denen man weiss, dass sie ähnlich ticken wie man selbst.

So, und nun sind Sie wahrscheinlich gespannt, wen ich jetzt ins Visier nehme? Sie! Nicht alle, aber vermutlich die meisten von Ihnen. Es geht eigentlich weniger um eine Meinung, sondern vielmehr um eine Einstellung. Nämlich um die Einstellung zu einem Thema, das für fast alle Menschen eine zentrale, und vor allem sehr praktische Bedeutung hat. Ich schwimme bei diesem Thema – wie bei einigen anderen auch – gegen den Strom.

Warum ich es anspreche? Weil ich glaube, wenn wir wissen, warum ein Mensch da und dort eine ganz andere Sichtweise hat, als wir selber, fördert das unser Verständnis, erweitern wir unseren Horizont und werden vielleicht auch wieder ein Stückchen toleranter.

Es geht um Kinder. Ich muss aufpassen, wie ich es sage: Ich kann nicht ganz verstehen, und damit meine ich: ich kann nicht wirklich nachvollziehen – geistig und emotional – warum die allermeisten Leute geradezu versessen darauf sind, Kinder in die Welt zu setzen. Ich hatte dieses Bedürfnis nie. Und zwar nicht, weil ich Kinder nicht mag – ganz im Gegenteil! Ich bin sogar überzeugt, aus mir wäre ein recht passabler Vater geworden. Aber für mich ist diese Welt einfach zu schlecht. Ich möchte nicht dafür verantwortlich sein, ein Kind dieser Welt und der Grausamkeit der Menschen auszusetzen, oder wie es in der Lesung geheissen hat: «ein Spiel der Wellen, hin und her getrieben von jedem Widerstreit der Meinungen, dem Betrug der Menschen ausgeliefert, der Verschlagenheit, die in die Irre führt.»

Ja, so ist das. Ein Pfarrer, für den diese Welt, genauer gesagt, die Menschen, zu schlecht sind, insbesondere für Kinder. Jetzt könnte man ewig diskutieren und streiten und mich vielleicht sogar beschimpfen. Aber zum einen: es ist nun mal so. Es ist meine Einstellung. Und zum anderen: sie spielt keine Rolle. Die Welt geht deswegen nicht unter. Die Bevölkerung nimmt vielmehr weiter kräftig zu, und zwar auf ca. 11 Milliarden Menschen am Ende dieses Jahrhunderts. Eher wird die Welt deswegen untergehen.

Natürlich findet sich sehr viel Schönes und Gutes in der Welt und auch bei den Menschen! Vor allem aber: wir sind nun mal hier! Und warum alles so ist, wie es ist – wir sind nicht klüger als der liebe Gott. Unser Dasein hat einen Sinn. Wir sind nicht umsonst hier. Wir haben eine Aufgabe. Machen wir das Beste daraus.Zum Schluss aber noch eine Frage an Sie: Wenn Sie heute oder am Ende Ihres Lebens gefragt werden sollten: «Möchtest Du nochmal zurück? Nochmal in diese Welt? Nochmal eine Runde drehen, mit allem, was dazugehört?»  Was werden Sie antworten? Ich bin ziemlich sicher, die Mehrheit will nicht mehr zurück. Es sei denn, es gibt noch etwas zu erledigen …