Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Alles ist durch sein Wort geworden, und ohne sein Wort wurde nichts, was geworden ist. In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht leuchtet in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfasst. (Johannes 1)
Ist das nicht ein wunderschöner Satz! «Und das Licht leuchtet in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfasst.»
Sie zünden irgendwo draussen in der Natur gegen Abend eine Kerze an. Allmählich wird es dunkel, die Nacht bricht herein. Die Kerze geht deswegen nicht aus. Es kann noch so dunkel sein, ihr Licht brennt weiter. Die Dunkelheit kann ihr nicht schaden. Der Wind kann das Licht löschen. Wir können die Kerze ausblasen. Die Finsternis kann dem Licht nichts antun. Und wenn die Sonne untergeht und es Nacht wird, dann nicht, weil die Nacht die Sonne verschlingt, sondern weil sich die Sonne zurückzieht.
Ich meine, das kann eine sehr ermutigende Botschaft an der Schwelle eines neuen Jahres für uns sein. Die Sonne geht nicht wirklich unter, sie verschwindet nicht, sie zieht sich vielmehr zurück. So ist es mit jedem Jahr, das wir hinter uns lassen. So ist es mit allen Erfahrungen, die wir im Leben machen. Sie verschwinden nicht. Sie sind da drinnen in uns. Wir nehmen sie mit. Und wenn wir einen lieben Menschen verloren haben, so ist auch er nicht verschwunden. Er hat sich zurückgezogen. Von Johannes XXIII. stammt das Wort: «Diejenigen, die uns verlassen haben, gehören zu den Unsichtbaren, nicht zu den Abwesenden.»
Das Leben, die Zeit und das Licht gehören zu den grössten Geheimnissen, welche die Menschheit schon immer beschäftigen:
- Was ist das Leben, wo kommt es her und wo geht es hin?
- Was ist die Zeit, wo kommt sie her und wo geht sie hin?
- Was ist das Licht, wo kommt es her und wo geht es hin?
Ist das Licht eine Welle? Oder besteht das Licht aus Elementarteilchen? Oder weder noch? Oder sowohl als auch? Wir wissen es nicht.
Doch das Licht ist da, und die Finsternis ist auch da, aber die Finsternis kann dem Licht nichts anhaben.
Wir sind da, und das Leben ist da, und der Tod ist auch da, aber er kann dem Leben nichts anhaben. Es geht immer wieder weiter.
Es ist alles da. Das Licht und die Finsternis. Das Leben und der Tod. Die Zeit und die Ewigkeit. Es ist alles da – eingebettet in ein grosses Ganzes. Wir nennen es Gott.
Im Hochgebet heisst es sehr schön: «Denn in dir leben wir, bewegen wir uns und sind wir …» Wir können hinzufügen: und bleiben wir.