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Man lernt nie aus – «Hoffnung» (11. September 2022)

Veröffentlicht vor mehr als einem Jahr, 15. Sep. 2022

Wie heisst es so treffend? «Man lernt nie aus!»
Mir ist aufgefallen, dass viele meiner Predigten in letzter Zeit, ja, in den letzten Jahren, ziemlich düster und keine leichte Kost waren. Diese Erkenntnis versetzt mich ein bisschen in eine Zwickmühle. Denn einerseits, als Privatperson Franz Sabo, bin ich – was den Menschen und diese Welt anbelangt – ein Pessimist. Da kann ich nicht aus meiner Haut heraus. Andererseits bin ich nun mal nicht nur eine Privatperson, sondern auch Pfarrer und als solcher noch tätig. Zu den zentralen Aufgaben eines Priesters gehört die Verkündigung der «Frohen Botschaft». Das heisst, den Gläubigen Trost und Zuversicht zu spenden, ihnen Lebensmut zu vermitteln, sie auf- und nicht abzustellen. Wenn auch die Schöpfung der Vergänglichkeit unterworfen ist, seufzt und leidet, so gibt es doch Hoffnung, wie Paulus im Römerbrief, Kapitel 8, schreibt.

Das kommt zuweilen einem schwierigen Spagat gleich, zwischen: es hat eh keinen Sinn und es hat doch einen Sinn! Zwischen Diesseits-Pessimismus und Jenseits-Optimismus einen Weg zu finden. Dieser Weg könnte so aussehen, wie ihn der frühere tschechische Präsident Vaclav Havel einmal formuliert hat: «Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht.» Starker Tabak. Wie erreicht man eine solche Gewissheit? Bin mir gar nicht sicher, ob ich eine solche überhaupt erreichen will!

Immerhin hat mich die Mutter eines unserer Ex-Ministranten zum Reflektieren und zum Nachdenken gebracht. Sie hat mir erzählt, dass gerade die älteren Minis öfters über meine Predigten diskutieren. Das weiss ich. Sie hat mir aber zudem gesagt, dass offenbar einige etwas Mühe mit jener Aussage von mir hatten – die ich in letzter Zeit mehrmals gemacht habe – nämlich, dass ich nie Kinder haben wollte. Sie haben den Grund dafür sehr wohl auch gehört. Ich wiederhole ihn nochmals: weil für mich die Menschen ganz einfach zu schlecht sind.

Ja, sagen die älteren Minis, die ja trotzdem noch halbe Kinder sind, ja, viele Menschen sind schlecht und böse und die Welt ist in einem ziemlich elenden Zustand. Aber! Wir können es doch besser machen! Wir können es zumindest versuchen!

Und genau darum geht es! Bei der Mini-Verabschiedung/Aufnahme haben wir in der Lesung jene Stelle von Jeremia (29,11-14) gehört, in der es heisst: «Denn ich kenne meine Pläne, die ich für euch habe, es sind Pläne des Heils und nicht des Unheils, denn ich will euch eine Zukunft und eine Hoffnung geben.» Und genau das ist doch auch meine Aufgabe: den Menschen, und eben gerade auch den Jungen, eine Hoffnung zu geben und nicht ihnen die Hoffnung zu nehmen! Ich will es ihnen zumindest nicht noch schwerer machen mit meinem Pessimismus! Denn immerhin bin ich noch so weit Optimist, dass ich nicht glaube, dass mein Pessimismus die Welt und die Herzen der Menschen – vor allem auch der Jungen – heller macht. Also muss ich mich zusammenreissen! Solange ich als Priester tätig bin, darf ich mich nicht nur von meiner persönlichen Sichtweise leiten lassen, sondern ich muss an die Menschen denken, für die ich Seelsorger bin, und ich darf ihnen die Hoffnung nicht nehmen, sondern ich muss versuchen, ihnen Hoffnung zu geben!

Obwohl ich den Satz aus dem Römerbrief schon ewig kenne, hat er bei mir erst jetzt gleichsam eingeschlagen, habe ich ihn erst jetzt wirklich verstanden. Man lernt nie aus! «Die Schöpfung liegt immer noch in Geburtswehen.» Die Schöpfung ist nicht zu Ende, geschweige denn vollendet. Kommen und Gehen, Tod und Geburt, Licht und Schatten, ewiger Kreislauf des Lebens – das ist Schöpfung. Wir gehören dazu, können nicht aussteigen, müssen das Unsere tun, Geduld haben, vertrauen, hoffen …