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Palmsonntag 2021

Veröffentlicht vor mehr als 3 Jahren, 30. Mrz. 2021

Die Fastenzeit – insbesondere die Karwoche, die mit dem heutigen Palmsonntag beginnt – macht uns auf jenen Teil des Lebens aufmerksam, den wir nicht so gerne haben. Jenen Teil, der langsam, aber sicher auf uns zukommt.

Es geht um Themen wie Verzicht, Verrat, Enttäuschung, Einsamkeit. Es geht um Leiden und es geht um den Tod. Und all das wird durch die Pandemie noch verstärkt. Dieses winzig kleine Virus bringt den Menschen – auch den jungen – den Tod wieder näher. Wir haben ihn ja in den letzten Jahren immer mehr ausgelagert, in die Alten- und Pflegeheime, in die Spitäler und in weit entfernte Kriegsschauplätze. Wer stirbt heute noch zu Hause? Wer sieht heute noch einen Toten – und ich meine nicht im Fernsehen! Das würde den Kindern und Jugendlichen nicht schaden, sich von einem verstorbenen Verwandten zu verabschieden. Es ist noch nicht so lange her, da wurden die Verstorbenen in fast allen katholischen Schweizer Dörfern zu Hause aufgebahrt. Verwandte und Angehörige hielten Nachtwache. Nachbarn und Freunde kamen für einen letzten Gruß vorbei. Heute für die meisten undenkbar! Doch mit dem Virus ist der Tod plötzlich wieder nähergekommen, und mit ihm die Angst und das Wissen, dass es sehr schnell gehen kann.

Aber vielleicht hat uns das Virus auch das Leben wieder nähergebracht? Vielleicht wissen wir es wieder mehr zu schätzen? Vielleicht hilft es den Menschen, das Leben wieder mehr zu achten und zu schützen? Vielleicht entwickelt sich ja doch wieder so etwas wie Ehrfurcht vor Gott und dem Leben! Rilke schreibt: «Wenn jemand stirbt, das nicht allein ist Tod. Tod ist, wenn einer lebt und es nicht weiss.»

Und schließlich gibt es nicht nur «Palmsonntage» und «Karfreitage» in unserem Leben! Es gibt auch Weihnachten und Ostern. Es gibt den Sommer, den Herbst, den Winter und den Frühling! Es gibt den Tod, aber auch die Geburt – ständig! Jede Sekunde wird gestorben und geboren. Leben kommt und Leben geht und kommt und geht usw… An Ostern bricht das Leben wieder durchund sprengt alle Ketten.

Doch heute ist erst einmal Palmsonntag. In ein paar Tagen ist Karfreitag. Und dieses Jahr starten wir einen Versuch. Die Kirche ist in der Nacht von Karfreitag bis Karsamstag Morgen geöffnet. Sie sind eingeladen, am Abend, in der Nacht oder am frühen Morgen in die Kirche zu kommen, nach Möglichkeit zur vollen Stunde und für wenigstens eine Stunde – in Stille, ohne Handy, ohne zu reden, ohne etwas zu tun – außer wach zu sein.

Die «Nachtwache» erinnert an das, was Matthäus im Kapitel 26 berichtet: Jesus ging in den Garten Gethsemane, um an einem ruhigen Ort zu beten und Kraft zu schöpfen für das, was ihn erwartet. Er nahm drei seiner Jünger mit und bat sie, auf ihn zu warten. Sie schliefen ein. Als Jesus zurückkam und sie schlafend fand, sagte er zu Petrus: «Konntet ihr nicht einmal eine Stunde mit mir wachen?»

Sie sind eingeladen – zusammen mit unseren Firmlingen – in die Kirche zu kommen und eine Stunde zu wachen, und all das, was in dieser Zeit durch den Kopf oder auch ins Herz geht, geschehen zu lassen!