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Therapie-Boom (12. Juni 2022)

Das Lied, «Die Gedanken sind frei», sowie der Hl. Geist, haben mich an Pfingsten, dem Fest des Heiligen Geistes, dazu motiviert, einige Gedanken zu äussern, die mich beschäftigen. Es handelte sich natürlich um kritische Gedanken zum Ukraine-Krieg, zu den Corona-Massnahmen, zum Umweltschutz, zum Wesen des Menschen und speziell zum Thema «Kinder». Zu letzterem möchte ich heute noch ein paar Gedanken hinzufügen. Zuerst ein paar Zahlen:

Die Anzahl an Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen bis einschließlich 24 Jahren, die sich in psychotherapeutischer Behandlung befinden, steigt. Wie aus dem BARMER-Arztreport von 2020 hervorgeht, hat sich die Zahl der jungen Patientinnen und Patienten in Deutschland innerhalb von elf Jahren mehr als verdoppelt. Demnach benötigten im Jahr 2019 rund 823’000 Kinder und Jugendliche psychotherapeutische Hilfe, 104 Prozent mehr als im Jahr 2009.

An erster Stelle, bei knapp 37’400 Fällen, waren Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen ausschlaggebend. Die Ursachen dafür reichen von Trauererlebnissen bis hin zu Mobbing. Die zweithäufigste Ursache für eine erstmalige Therapie waren im Jahr 2019 Depressionen, und zwar in rund 23’100 Fällen, gefolgt von emotionalen Störungen im Kindesalter in gut 22’000 Fällen.

Was das jetzt auch immer bedeuten mag – «emotionale Störungen»!? Ich bin jedenfalls der tiefen Überzeugung, dass ein Kind in erster Linie eine Mutter, und nicht eine Karrierefrau braucht, sowie einen Vater, und nicht einen Karrieremann.

Heute reden alle davon, wie wichtig es für ein Kind sei, Sozialkompetenz zu lernen. Dazu gehört zum Beispiel das Zusammensein mit Gleichaltrigen. Das war früher auch nicht anders, nur hat man den Ausdruck «Sozialkompetenz» nicht gekannt. Es hiess ganz einfach: «Geh raus zum Spielen!» Damals wie heute liegt die Grundkompetenz für Sozialkompetenz bei den Eltern, und die heisst, in erster Linie als Mutter und Vater da sein.

In einer Zeit – und ich erinnere daran, dass das «nur» meine Gedanken sind – in welcher Frauen schon fast mit Gewalt in Führungspositionen gehievt, gedrängt oder per Quote transportiert werden, «schicken» sich solche Gedanken natürlich nicht! Angela Merkel war 16 Jahre lang Bundeskanzlerin. Sie bedurfte keiner Quote. Warum? Weil sie über Kompetenz, Persönlichkeit und Integrität verfügte. Das sollten für alle die entscheidenden Kriterien sein – nicht Prozente! Ausserdem, wer sagt denn, dass die rapide Zunahme psychisch angeschlagener Kinder etwas mit den Eltern und der Rolle der Frau, bzw. Mutter zu tun habe! Natürlich nicht! Wer das behauptet, oder auch nur andeutet, ist ein Frauenfeind. Da haben wir`s!

Der letzte Gedanke gilt der religiösen Erziehung. Sie fällt mehr und mehr aus. Selbst der Staat scheint religiöse Erziehung eher zu dulden als zu fördern. Ein grosser Fehler! Was ich durch meine 40-jährige Tätigkeit als Pfarrer mit Sicherheit sagen kann ist, dass Kinder und Jugendliche ausserordentlich religiös sind. Ich weiss, dass ich mich wiederhole. Leider wird dieser Wesenszug kaum mehr beachtet und viel zu wenig ernst genommen. Das rächt sich später. Denn so wie sich auf der einen Seite die Kirchen leeren, füllen sich auf der anderen Seite die Versammlungsräume von Sekten und zweifelhaften religiösen Gruppierungen, sowie die Praxen von Psychotherapeuten. Man bleibt nicht jung und gesund! Ebenso erhält die oft zur Schau gestellte Unbekümmertheit und «Gott-losigkeit» im Laufe der Zeit Risse. Irgendwann holen sie uns ein, die Fragen nach dem Warum, Wozu, Wohin?

Wir alle, auch der Staat, sollten ein wirkliches Interesse daran haben, die religiöse Dimension des Menschen nicht zu vernachlässigen – besonders bei Kindern und Jugendlichen.

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