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«W-Fragen», 12. Juli 2020

Veröffentlicht vor mehr als 3 Jahren, 19. Jul. 2020

Was ist der Mensch, und wozu nützt er? Was ist gut an ihm, und was ist schlecht? Das Leben eines Menschen dauert höchstens hundert Jahre. Wie ein Wassertropfen im Meer und wie ein Körnchen im Sand, so verhalten sich die wenigen Jahre zu der Zeit der Ewigkeit.

In den letzten 20 Jahren ist kein Jahr vergangen, in dem ich jenen nicht verwendet habe – meist an Beerdigungen. Die wenigen Sätze bieten eine Grundlage für gleich mehrere Predigten. Es geht um Grösse, um Zeit und Ewigkeit, um das Unvorstellbare und um das Unsagbare. Es geht um die berühmten «W-Fragen»: wer, wo, was, warum, wozu, wie und wohin? Ich glaube kaum, dass es einen Menschen gibt, der sich nie jene Fragen stellt:

  • Was ist der Mensch?
  • Wozu nützt er?
  • Wer bin ich?
  • Was soll ich hier?
  • Warum bin ich hier?

Gerade junge Menschen beschäftigen sich mit diesen Fragen, bzw. diese Fragen treiben junge Menschen um. «Höchstens 100 Jahre dauert so ein Menschenleben, davon die letzten 20 Jahre dement, im Rollstuhl, einsam, auf Pflege angewiesen! Was für tolle Aussichten!» Was soll ich einem jungen Menschen, oder auch einem nicht mehr ganz so jungen Menschen darauf antworten?

  • «Vielleicht hast du ja Glück, und es trifft dich nicht!?
  • «Tu dein Bestes – mehr kannst du nicht tun!»

Diese Antworten sind ja gar nicht falsch, ob sie aber helfen?!? Was hilft denn? Welche Antworten haben Sie?

Die vermutlich meisten Menschen antworten auf diese «W-Fragen», indem sie ihnen aus dem Weg gehen – sie versuchen es zumindest. Es gelingt den wenigsten. Viele stürzen sich in die Arbeit und in den Sport, andere versuchen es mit Alkohol, Drogen oder Medikamenten. Nahezu 20% der Bevölkerung leidet an Depressionen, doppelt so viele Frauen wie Männer! Bei den Suiziden sind es deutlich mehr Männer als Frauen! Man erhofft sich Heilung durch verschiedenste Therapien und Klinikaufenthalte. Wieder andere suchen ihr Heil in esoterischen oder freikirchlichen Kreisen. Die einen singen «Om», die anderen «Halleluja». Und dann ist da noch diese unglaubliche Aggressivität so vieler junger Leute – die sich erst kürzlich wieder in Stuttgart entlud. Eine Zerstörungswut und Brutalität, die sich nicht wirklich erklären lässt, aber deutlich macht, dass da etwas ganz und gar nicht stimmt.

Was hilft denn nun?

Die Alten unter uns haben die meisten Fragen wohl auch nicht beantwortet, trotzdem haben sie es – im Grossen und Ganzen! – geschafft, ganz nach dem Motto von R.M, Rilke: «Lebe jetzt die Fragen! Vielleicht lebst du dann allmählich, ohne es zu merken, eines fernen Tages in die Antwort hinein.» Du findest einen Sinn und eine Aufgabe in deinem Leben, und allmählich – fast ohne es zu merken – wächst du in eine Reife und in eine Altersweisheit hinein, die dich wissen, oder zumindest erahnen lässt: es wird gut! Wenn es dann so weit ist, bist du bereit und es ist gut.

Ein indisches Sprichwort besagt:

«Am Ende ist alles gut. Wenn es nicht gut ist, ist es nicht das Ende.»

Franz Sabo, 12. Juli 2020