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Weihnachten 2023

Veröffentlicht vor 11 Monaten, 26. Dez. 2023

In der Weihnachtsgeschichte findet sich ein Satz, der mich schon als Jugendlicher stutzig gemacht hat und auf den ich dieses Jahr – auch aus aktuellem Anlass – näher eingehen möchte. Es handelt sich um jene Stelle, in der es heisst:
“Verherrlicht ist Gott in der Höhe und Friede bei den Menschen seiner Gnade.“

Wie ist das zu verstehen? Gibt es Menschen, die Gnade vor Gott finden, und andere nicht? Menschen, denen gegenüber Gott gnädiger ist als anderen? Durchaus möglich. Aber wenn das so ist, dann stimmt da etwas nicht mit der christlichen Botschaft, dass Gott alle Menschen liebt – oder?


• Sie haben drei Kinder, oder vier, oder zwei. Lieben Sie alle gleich? Nein! Das geht gar nicht! Man kann keine zwei Menschen “gleich“ lieben, weil jeder anders ist. Man kann durchaus mehrere Menschen lieben, dennoch wird es immer einen Unterschied geben. Wer hat das nicht schon erlebt? Ein anderer wird bevorzugt, du hast die “2“ am Rücken. Warum? Das ist nicht immer klar.

• Das erinnert mich an die uralte Geschichte von Kain und Abel. Gott schaut auf das Opfer von Abel und nicht auf das von Kain. Warum? Das wird nicht gesagt.

• König David im AT wird sogar als «Hurensohn» bezeichnet, denn er schläft mit einer verheirateten Frau und lässt später ihren Mann ermorden. Trotzdem hält Gott zu David. Wenn das kein Grund ist, sich von diesem Gott abzuwenden!? (siehe auch Abraham/Isaak!)

• Und schliesslich – ich habe es eingangs erwähnt – aus aktuellem Anlass: Die Juden. Die Juden gelten als das «auserwählte Volk». Und genau das wurde ihnen keineswegs nur zum Segen, sondern vielmehr zum Fluch.
Segen, weil die Juden das einzige der alten Kulturvölker sind, die nicht nur überlebt haben, sondern auf höchstem Niveau überlebt haben. Kaum ein anderes Volk hat so viele Wissenschaftler, Künstler, Mächtige in Politik und Wirtschaft bis heute hervorgebracht wie die Juden. Und das ist gleichzeitig ihr Fluch. Ihre «Auserwähltheit» hat bei allen anderen zu Neid, Eifersucht, Hass, bis hin zum Holocaust geführt. Die Christen haben dies bis weit in die heutige Zeit damit kaschiert, indem sie die Juden als «Christusmörder» stigmatisiert und massakriert haben.
Warum ist Gott den einen womöglich gnädiger als den anderen?


Warum bevorzugt Gott Abel, obwohl es Kain mit seinem Opfer genauso gut gemeint hat wie sein Bruder?
Warum hält Gott einem “Hurensohn“ wie König David trotzdem die Stange?
Warum hat Gott gerade die Juden als «sein» Volk auserwählt?
Warum lässt Gott zu, dass sich Menschen gegenseitig abschlachten?
Warum lässt Gott zu, dass Soldaten Kinder massakrieren?
Warum, warum, warum …?

Wenn wir das wüssten, wären wir Gott. Wenn wir Gott verstehen würden, wären wir Gott. Nein, wir wissen nicht, warum und wieso. Wir wissen es einfach nicht, warum die Welt so ist, wie sie ist und warum wir so sind, wie wir sind: Liebende und Hassende, Mörder und Heilige. Nein, wir wissen es nicht! Und deshalb können wir über Gott auch nicht urteilen.