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02. Mai 2021: «Die Seelen der Gerechten sind in Gottes Hand»

Veröffentlicht vor mehr als 2 Jahren, 02. Mai. 2021

«Die Seelen der Gerechten sind in Gottes Hand, und keine Qual kann sie berühren. In den Augen der Toren sind sie gestorben; ihr Heimgang gilt ihnen als Unglück – sie aber sind in Frieden.» (Buch der Weisheit). Dieser Aspekt des Todes erfährt – nach meinem Empfinden – in unserem Kulturkreis heutzutage zu wenig Gewicht, ihm wird kaum Bedeutung beigemessen. Den meisten gilt der Tod tatsächlich als «Unglück».

Ja, wir sterben. Die einen etwas früher, die anderen etwas später. Das Ganze spielt sich heute innerhalb einer Zeitspanne von durchschnittlich 85 Jahren ab. Vielleicht von wenigen Ausnahmen abgesehen, ist das Leben kein Honigschlecken. Wir könnten schon mal froh und dankbar sein, in diesem Land zu leben. Wir gehören zu den Privilegierten. Auf die Gesamtbevölkerung der Erde bezogen, gehören die meisten von uns zu den sogenannten «oberen Zehntausend.»

Wenn bei uns heute ein Kind stirbt, dann ist das nicht nur eine Katastrophe, sondern auch eine Ausnahme und für heutige Eltern wohl die schlimmste Erfahrung. In anderen Teilen der Welt ist das weder eine Ausnahme noch eine Katastrophe, sondern Alltag und fast schon Normalität. Das war bei uns auch mal so. Im Mittelalter wurde mehr als die Hälfte der Kinder keine 14 Jahre alt!

1870 starben in Deutschland 250 von 1000 Kindern (Frau Wehrle hat also noch einige Leute gekannt, die um 1870 geboren wurden!). Häufigste Todesursache war damals Durchfall, wobei vor allem Kinder gefährdet waren, die nicht gestillt wurden! 1910 waren es 160 von 1000, 1930 waren es schon unter 100 von 1000, und 1970 etwa 25. Heute sterben ungefähr 5 von 1000 Kindern. Die Lebenserwartung in Deutschland hat sich seit 1870 geradezu verdoppelt!

Diese Zahlen machen deutlich, wie massiv sich der Tod aus unserer Gesellschaft und damit auch aus unseren Familien zurückgezogen hat, und wenn er dann doch auftaucht – und das tut er – wird er weitgehend ausgelagert in Heime und Spitäler. Auf diese Weise haben wir vor allem während der letzten 50 Jahre gelernt, den Tod zu fürchten, zu meiden, zu verschweigen und auszugrenzen, vor allem in den Städten. Ja, viele betrachten den Tod als Feind und behandeln ihn entsprechend. Aber das ist er nicht! Er ist nicht unser Feind. Er ist eine Tür. Er ist die Erfüllung unseres irdischen Lebens – welche bei den einen früher, bei den anderen später eintrifft.   

Dass der Tod durch das Virus wieder eine grössere Rolle in unserem privaten wie auch öffentlichen Leben spielt, das müssen wir zurzeit schmerzlich zur Kenntnis nehmen. Vermutlich wird es bei dieser Kenntnisnahme bleiben, ohne daraus Lehren zu ziehen – leider!

Noch ein Wort zu unseren Verstorbenen: sie sind in Gottes Hand. Die Lebenden auch! Nur – für letztere können wir noch etwas tun, für die Verstorbenen können wir nichts mehr tun – aber sie für uns! Für sie beten heisst für mich deshalb: an sie denken, mit ihnen verbunden sein und sie um Beistand bitten. Das können wir und das dürfen wir. Meine Oma habe ich gekannt – den hl. Antonius nicht! Mit meiner Oma hatte und habe ich ein sehr enges persönliches und liebevolles Verhältnis – mit den Heiligen von A bis Z nicht!