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Christi Himmelfahrt 2019

Veröffentlicht vor mehr als 4 Jahren, 01. Jun. 2019

Christoph Poschenrieder schreibt in seinem wunderbaren Buch «Mauersegler», das ich besonders allen über 50 empfehle: «Seltsam: Alle haben Angst vor dem Tod, aber keiner macht sich Gedanken, wo er vor seiner Geburt gewesen ist. Wohin die Lebensreise führt, scheint so viel wichtiger als die Frage, woher wir kommen. Die Unendlichkeit vorher – ohne mich – kann doch wohl genauso wenig schrecklich sein wie die Unendlichkeit nachher – ohne mich. Oder?

Am 8. März 2019 wurde ein Interview in der Basler Zeitung mit dem berühmten Basler Film-Produzenten Arthur Cohn abgedruckt. Er wurde gefragt, ob er Angst vor dem Tod habe. Cohn antwortete: «Wer nicht ein bisschen Angst vor dem Tod hat, der lügt ein bisschen.»

Die Angst vor dem Tod – auch so ein Geniestreich der Natur, bzw. Gottes. Ohne diese Angst vor dem Tod – auch wenn es nur ein bisschen Angst ist – würden sich viele Menschen bei mehr oder weniger grossen – oder kleinen – Problemen aus dem Staub machen. Aber da gibt es diese geheime Angst, die in jedem Menschen schlummert. Sie ist existentiell für das Leben. Sie sorgt dafür, dass wir nicht so schnell aufgeben, dass wir für und um unser Leben kämpfen und dass wir das Leben weitergeben.

Wir haben sie nicht so gerne – diese Angst. Deshalb stürzen wir uns auch gleichsam ins Leben und versuchen die Todesangst möglichst zu verdrängen und klein zu halten. Deckel drauf. Auf die Frage, was er gegen die Angst tut, antwortet der Basler Filmemacher entsprechend: «Leben – und zwar so gut wie möglich». Und genau das versuchen wir, auf sehr unterschiedliche Weise.

Was mir z.B. völlig fremd ist, das sind die Massen in den riesigen Sport Arenen. Die millionenschweren Fussballkönige, die sich vom niederen Volk bejubeln und huldigen lassen, wie z.B. bei der Meisterschaftsfeier in München oder Bern oder anderswo. Mit Geschrei und Gejohle und einem enormen Lärmpegel, mit Alkohol (regelrechte Bier-Duschen) und mit Freunden wird gefeiert, und ein Gegenstand (Pokal) sogar geküsst. Für Millionen von Fans scheinen das die Highlights ihres Lebens zu sein, und für nicht wenige wohl auch der Sinn des Lebens. Für mich hingegen ist es genau das Gegenteil: Tiefpunkt und Unsinn des Lebens. Ich fühle mich am wohlsten, wenn ich durch die Natur streife und möglichst niemandem begegne. Das sind meine Highlights. Da finde ich Sinn.

So versucht jeder auf seine Weise – die eben sehr unterschiedlich sein kann – so gut wie möglich zu leben und seine Ängste – nicht nur die Todesangst – auf Distanz zu halten. Draussen in der Natur spüre ich am ehesten jenen Frieden, nach dem ich mich sehne, und ich weiss nicht, wie oft ich Gott gefragt habe: «Ginge es nicht auch so? Eine Welt, ein Leben ohne Angst, ohne Krankheit, ohne Mord und Totschlag, ohne Leid und Elend?» Und ich meine, die Antwort zu hören: «Ja, es geht – aber nicht hier. Du musst hier erst einmal durch und dein Leben zu Ende bringen, und zwar so gut wie möglich. Und damit du das auch tust, habe ich dir ein bisschen Angst ins Herz gelegt.»